Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen Belegärzte, sehr geehrte Verwaltungsleiter*innen der uns assoziierten Belegkrankenhäuser,

Ein Artikel von Dr. med. Andreas W. Schneider (09.01.2023)

nachdem sicherlich die meisten von Ihnen wieder im Versorgungsalltag engagiert sind, möchten wir es vom Vorstand des BdB nicht versäumen, Ihnen persönlich und Ihren Mitarbeiter*innen Gesundheit und ein erfolgreiches Neues Jahr 2023 zu wünschen und uns bei ihnen für die Unterstützung in der vergangenen Zeit bedanken.

Durch die unsäglichen kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Russland und der Ukraine mit all dem damit verbundenen Leid ab dem 24. Februar 2022 direkt nach der Überwindung der besonders für das Gesundheitssystem insgesamt außerordentlichen Herausforderung durch die Corona-Epidemie fiel es uns sehr schwer, unsere „Lobbyarbeit“ im Interesse des von uns vertretenen Bundesverbandes weiterzuführen. Nach ausführlicher interner Diskussion haben wir uns jedoch für eine Fortsetzung unserer Gespräche mit unterschiedlichen Vertretern des Gesundheitssystems entschieden, da wir unabhängig von anderen Konflikten und Herausforderungen davon überzeugt sind, dass unser Versorgungsansatz – mit der entsprechenden Unterstützung - einen durchaus entlastenden Beitrag bei der Patientenversorgung spielen kann und daher unser Einsatz weiterhin gerechtfertigt erscheint.

Über die ab März bis November geführten Gespräche, versandten Schreiben, gehaltenen Vorträge und erschienen Artikel nebst Veranlassung einer „kleinen Anfrage“ zum Belegarztwesen im deutschen Bundestag haben wir bei unserer Mitgliedervollversammlung am 29.10.2022, die in Kassel stattfand, ausführlich berichtet. Einzelheiten können Sie gern unserer Homepage (https://www.bundesverband-belegaerzte.de/startseite/) entnehmen sowie der Tab. 1 ganz unten.

*Link 1: https://www.aend.de/articleprint/217951

*Link 2: https://www.urologenportal.de/pressebereich/pressemitteilungen/aktuell/im-zeichen-der-sektorenuebergreifenden-versorgung-parlamentarischer-abend-2022-28062022.html

Gestatten Sie uns aber in diesem Zusammenhang auf ein paar sehr positiven Kontakte der vergangenen letzten beiden Monate hinzuweisen:

Am 15.11.22 konnten wir im Rahmen einer Videokonferenz mit Herrn Professor Edgar Franke, parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Gesundheit, auf die Vorteile des Belegarztwesens als eine patientenfreundliche, rechtssichere, ressourcensparende und vor allem sektorenübergreifende Versorgungsform hinweisen. Wir konnten dabei die Aussage erreichen, dass das Belegarztwesen erhalten werden sollte und das Ministerium versuchen will, dies im Rahmen der weiteren Gesetzgebung zu berücksichtigen. Insbesondere in Kenntnis der geplanten Neuorientierung der stationären Versorgung durch die Umsetzung der Empfehlungen der von Herrn Prof. Lauterbach eingesetzten Expertengruppe (Dritte Stellungnahme und Empfehlung der Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung) ist dies ein wichtiger Punkt, an den es ggf. zu erinnern gilt.

Für den 17. November vergangenen Jahres erhielten wir eine Einladung der kassenärztlichen Bundesvereinigung nach Berlin, um im Rahmen eines 4-stündigen Gespräches u.a. mit Herrn Dr. Ulrich Casser und Herrn Dr. Bernhard Gibis über den aktuellen Stand des Belegarztwesens in Deutschland zu diskutieren. Aktuelle Zahlen (https://gesundheitsdaten.kbv.de/cms/html/16401.php) dokumentieren dabei den weiterhin bestehenden Trend: den Rückgang der bettenführenden Fachärzte als Urform der stationären Versorgungsform hin zu belegarztersetzenden, teilweise strafrechtlich und/oder sozialrechtlich bedenklichen Vertragsstrukturen. Wir stellten dabei die Frage, warum das Belegarztwesen – bis 2019 durchaus gefördert und sogar durch ein eigens im Auftrag der KBV erstelltes wissenschaftliches Gutachten untersucht („Wasem-Gutachten“, (https://www.kbv.de/media/sp/Gutachten_Belegaerztliche_Versorgung.pdf) ) - ab 2020 keinerlei Unterstützung mehr erfährt. Zuletzt attestierte ja der Vorsitzende der KBV Herr Gassen öffentlich im Rahmen einer Diskussionsrunde mit dem SpiFa dem Belegarztwesen nur noch ein Nischendasein, da das System zu „sperrig“ sei.

Unsere Gesprächspartner teilten diese Einschätzung des KBV-Vorstandes nicht, sondern stellten für das Jahr 2023 die Gründung einer Arbeitsgruppe in Aussicht zur Beantwortung der Frage, unter welchen Voraussetzungen das von uns vertretene sektorenübergreifende Versorgungssystem weiterentwickelt werden könnte. Herr Dr. Casser hat hierfür eine Zusammenfassung unseres Gespräches in Aussicht gestellt unter dem Narrativ der „Zukunft des Vertragsarztes in der stationären Versorgung“.

Am 08. Dezember 2022 schließlich fand eine Videokonferenz des BdB mit Herrn Prof. Schreyögg, Hamburg, statt, um ihn nach Erstellung seines vielbeachteten Gutachtens (https://www.zi.de/fileadmin/images/content/Veranstaltungen/2022-09-20/ESV_2022-09-20_Schreyoegg.pdf)  zur einheitlichen sektorengleichen Vergütung (ESV) nach den möglichen Auswirkungen für das Belegarztwesen zu befragen.

Unter der Maßgabe, dass auch das Belegarztwesen zunehmend an der ambulanten Versorgung teilnehmen muss, sieht Prof. Schreyögg diese sektorenübergreifende, ressourcensparende, patientenfreundliche und rechtssichere Versorgungsform keinesfalls als gefährdet an, sondern gut aufgestellt für die kommende Neustrukturierung der integrierten Patientenversorgung.

Mit Interesse hat er einen für das Belegarztwesen wesentlichen Behinderungsfaktor zur Kenntnis genommen: Die Ausgrenzung dieser Versorgungsform von einer aktuellen, modernen medizinischen Behandlung durch den „Erlaubnisvorbehalt“: Hier ist das Belegarztwesen max. benachteiligt und von einer sektorengleichen Versorgungsqualität getrennt. Hier sagte er eine Analyse zu.

Das Narrativ „Vertragsärzte in der stationären Versorgung“ fand er förderungswürdig.

Auf unsere Bitte hin, eine Empfehlung für unsere weitere Agitation und Aufstellung in der näheren Zukunft auszusprechen, riet er uns zu einer zunächst beobachtenden Position, da derzeit keine direkte Bedrohung für das Belegarztwesen zu erwarten sei.

Abschließend baten wir ihn, in den bevorstehenden Verhandlungen um die Weiterentwicklung der sektorengleichen Versorgung und Vergütung besonders in Hinblick auf die sektorenübergreifende Fort- und Weiterbildung der jungen Kolleginnen und Kollegen in der Facharztausbildung das Belegarztwesen als idealtypisches Modell zu berücksichtigen. Wir verwiesen in diesem Zusammenhang auf ein Modell des Landkreises Harburg mit der urol. Universitätsklinik Hamburg Eppendorf und der Ordinaria Frau Prof. Dr. Margit Fisch (https://link.springer.com/article/10.1007/s00120-022-01894-5).

Ausblick:

Es steht außer Frage, dass durch die geplante Ambulantisierung der medizinischen Patientenversorgung auch oder gerade das Belegarztwesen betroffen sein wird. Auf Grundlage des IGES-Gutachtens, der Schreyögg-Expertise, der jüngsten Verhandlungsergebnisse zwischen der KBV und dem GKV-Spitzenverband, der 3. Empfehlung der Krankenhauskommission sowie der aktuelle Beschluss der Gesundheitsministerkonferenz vom 05.01.2023 werden bis zum Sommer dieses Jahres Umsetzungsempfehlungen formuliert werden zur finanziellen Entlastung des Gesundheitssystems.

Unser Vorteil ist, schon die Strukturen vorzuhalten, kurzfristig zwischen ambulanter und stationärer Versorgung zu wechseln im Gegensatz zu den Krankenhäusern, die diese Option erst noch mühsam aufbauen müssen.

Sehr geehrte Belegärzte*innen und Belegkliniken, auch im Jahr 2023 werden wir die Player im Gesundheitssystem an unsere idealtypische Versorgungsform erinnern und darstellen, dass das Prinzip der bettenführenden Facharztpraxis aktueller denn je ist.

Es bleibt spannend!!

Mit den besten Wünschen für ein erfolgreiches Neues Jahr

Ihr

Dr. Andreas W. Schneider

Vorsitzender des Bundesverbands der Belegärzte und Belegkrankenhäuser e.V.

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