Krankenhauskommission legt Reformkonzept für die Notfall- und Akutversorgung vor

Ein Artikel von Priv.-Doz. Dr. rer. medic. Ursula Hahn (28.2.2023)

Am 13.02.2023 haben Herr Minister Prof. Lauterbach und der Vorsitzende der Kommission Prof. Bschor gemeinsam das nächste Konzept der Krankenhauskommission – diesmal zu ambulanter Notfallversorgung – vorgelegt. Kernelemente sind die integrierte Leitstelle für den Erstkontakt der Patienten und Integrierte Notfallzentren an den Krankenhäusern für die Versorgung. Der Minister kündigt als nächsten Schritt eine Konsentierung mit den Ländern an.

Integrierte Leitstellen sollen 112 und 116117 zusammenfassen und in den Sicherstellungsauftrag der KVen fallen. Ein standardisiertes Ersteinschätzungsverfahren ordnet den Patienten / die Patientin einer Versorgungsebene zu, verbindliche Termine sollen vereinbart werden. Rund um die Uhr soll es telemedizinische Beratungen durch Ärzte / Ärztinnen und Pflegekräfte geben. Guter Service soll Patienten / die Patientin davon überzeugen, sich zunächst an die Integrierte Leistelle zu wenden, der direkte Zugang zur Notaufnahme im Krankenhaus wird in dem Konzept aber nicht verhindert.

Empfehlung der Krankenhauskommission aus - lesen Sie hier.

Integrierte Notfallzentren (INZ) sollen regelhaft an den Krankenhäusern mit der Einstufung „2“ und „3“ nach stationärer Notfallversorgung – das sind 420 Krankenhäuser (!) – etabliert werden, bei regionalem Bedarf sollen die mit Einstufung „1“ hinzugenommen werden.

INZ bestehen aus der Notaufnahme des Krankenhauses, einer KV-Notdienstpraxis im oder direkt am Krankenhaus und einer zentralen Ersteinschätzungsstelle („Tresen“). Ersteinschätzung und Zuweisung zu Versorgung (KV-Notfallpraxis oder stationär) erfolgt auch hier nach standardisiertem Ersteinschätzungsverfahren an dem gemeinsamen „Tresen“. Die Empfehlung sieht Mindestdienstzeiten für Krankenhäuser und KVen vor, die KV soll die Zeiten 14:00 - 22:00 Uhr werktags und 9:00 - 21:00 Uhr am Wochenende abdecken. Aufsuchende Dienste (u.a. KV-Bereitschaftsdienst rund um die Uhr und Dienst für pflegerische Versorgung) sollen aufgebaut werden. „Über die Leitung der INZ führen zuständige KV und Krankenhaus eine Einigung herbei. Kommt keine Einigung zustande, leitet das Krankenhaus das INZ.“

Schon bei erster Durchsicht fallen mehrere kritische Punkte ins Auge:

  • Damit die KV die Leistung erbringen kann, braucht sie Arztpower. Also muss sie entweder selber anstellen oder aber auf das Potential der Praxen und MVZ zurückgreifen. Wie will sie das tun? Vielleicht könnte hier das Belegarztmodell Pate stehen?
  • Auch die Reform der ambulanten Notfallversorgung ist erkenbar als Vehikel für Strukturbereinigung der Krankenhäusern konzipiert. Die weit größere Gruppe an Krankenhäuser mit keiner („0“) oder geringen („1“) Einstufung für stationäre Notfallversorgung - , darunter sicher auch viele Häuser mit belegärztlicher Versorgung - wird weiter „ausgehungert“.
  • Unter Versorgungsgesichtspunkten sind die Planvorgaben nicht plausibel: Für über 80 Millionen Menschen gerade mal 420 Integrierte Notfallzentren vorzusehen, geht m.E. an der Realität vorbei.
  • Was absehbar schwierig wird: Krankenhäuser müssen zwangsweise mit der KV zusammenarbeiten.

Quelle